
Und hier geht das Abenteuer weiter:
Kapitel 2 – Entscheidungen – Teil 2
Tellurischer Novaraumer Sternenbestie
Kommandant Jairoum tan Lock
Ich hatte gerade wieder eine der Übungen beendet, bei der es sich diesmal
um eine Gefechtssimulation zwischen Großkampfschiffen gehandelt hatte, als
es auch schon Zeit für den täglichen Rapport von Talli wurde. Ich begab mich
in einen nahegelegenen Erholungsraum und rief Talli herbei, deren Hologestalt
wie gewohnt blitzschnell vor meinen Augen materialisierte. Wir setzten uns
in eine Sitzgruppe mit einem kleinen Tisch und Talli begann:
»Die Produktion der in Auftrag gegebenen Robotertypen schreitet im erwarteten
Tempo voran. Die angestrebte Stückzahl wird ohne Probleme in zwei
Bordtagen zur Verfügung stehen. Weiterhin ist die Umrüstung der Tsumitar
nach Ihren Spezifikationen weitgehend abgeschlossen. Die endgültige Fertigstellung
ist am nächsten Bordtag zu erwarten. Das Ablösen der Überreste der ehemaligen Besatzungsmitglieder der Sternenbestie von beziehungsweise aus der Struktur des Schiffes erweist sich weiterhin als problematisch. Die kristalline Struktur ist teilweise derart tief in den jeweiligen Untergrund eingedrungen und mit diesem verbunden, dass ganze Einrichtungsteile mit entfernt und ersetzt werden müssen. Der Vorgang schreitet aber voran und nach drei weiteren Bordtagen sollten alle Überreste vorläufig in Lagerraum Zeta 2-41 sichergestellt sein.“
Talli blickte von der völlig überflüssigen Projektion eines Notizcomputers in ihrer Hand auf und fuhr fort: »Nun aber zum Hauptpunkt Ihres Interesses, Commander. Leider haben auch heute sämtliche Nah- und Fernabtaster noch keine Spur einer intelligenten Spezies in diesem Raumsektor entdecken können. Ebenso wenig hat die ständige Überwachung von Sub- und Hyperraumfunk etwas Interessantes ergeben. Die Fernabtaster haben jedoch in einem Sonnensystem in etwa einundzwanzig Lichtjahren Entfernung einen Planeten entdeckt, der zur Errichtung einer vorläufigen Basis geeignet scheint.« Während ich Tallis Ausführungen bis dahin mit eher mäßigem Interesse gefolgt war, hatte sie nun meine volle Aufmerksamkeit. »Was wissen wir schon alles über diesen Planeten und sein System?«, fragte ich ungeduldig und hörte mir Tallis weiteren Bericht konzentriert an. »Es handelt sich um ein System mit einer Sonne vom Typ Tellur und vier Planeten. Der innerste, sonnennächste Planet ist ein glühender Gesteinsball mittlerer Kategorie. Nummer drei und vier sind zwei Gasriesen, welche die Sonne in ziemlich exzentrischen Umlaufbahnen umkreisen. Der zweite Planet aber liegt in der Biozone, also in der richtigen Entfernung zur Sonne, um Leben zu ermöglichen. Eine weitere Besonderheit dieses Planeten ist, dass er von drei kleineren Monden umkreist wird.« Während Talli noch redete, hatte ich meinen Entschluss längst gefasst und stand nun auf um mich auf dem schnellsten Wege in die Kommandozentrale zu begeben. Talli rief ich über die Schulter zu: »Wir brechen unsere weitere Suche vorerst ab und sehen uns diesen Planeten an! Die Sternenbestie soll sich schon auf den Weg machen. Wir sehen uns in der Zentrale!«
Während ich zum nächsten Turbolift eilte, bemerkte ich, wie sich das
kaum wahrnehmbare Hintergrundsgeräusch, das an Bord der Sternenbestie
ständig präsent war, leicht veränderte und etwas anschwoll. Das Schiff fuhr
seine mächtigen Antriebsmaschinen hoch. Ich wettete mit mir, dass ich in der Kommandozentrale wäre, bevor die Bestie das Zielsystem erreichen würde. Doch als ich den direkt in die Zentrale führenden Turbolift verließ, leuchtete mir vom Panoramabildschirm schon das nahe Abbild einer strahlenden Sonne entgegen. Das Gestirn verbreitete ein gelbes, leicht ins orange abweichendes Licht. Die Sternenbestie hatte zur Überwindung der geringen Distanz von etwa zwanzig Lichtjahren nur einen Augenblick gebraucht und ich hatte meine Wette verloren.
Als ich mich auf dem Sessel des Kommandanten niederließ, trat Talli
sogleich zu mir und erläuterte die weiteren Vorgänge. »Wir haben den
Hyperraum knapp außerhalb dieses Sonnensystems verlassen und sehen hier
die vergrößerte Aufnahme des Zentralgestirns. Die Nahabtastung des Systems
hat begonnen und müsste in wenigen Augenblicken abgeschlossen sein.
Unterdessen hält das Schiff direkten Kurs auf den zweiten Planeten, den wir
jetzt in Großaufnahme auf dem Schirm betrachten können.«
Noch während Talli dies sagte, erschien eine in verschiedenen Blau- und
Grüntönen leuchtende Kugel auf dem Bildschirm. Verstreute, weiße Wolkenfelder
in der Atmosphäre komplettierten das äußere Erscheinungsbild dieses
Planeten. Ich war noch in die Betrachtung versunken, da meldete sich Talli
wieder zu Wort: »Es handelt sich um einen Planeten der Klasse Alpha II.
Sauerstoffatmosphäre. Verteilung Land- zu Wasserflächen siebenundvierzig
Komma vier zu zweiundfünfzig Komma sechs Prozent. Die Durchschnittstemperatur
auf der Planetenoberfläche liegt etwas über dem tellurischen
Standart. Es gibt große Zonen gemäßigten Klimas. Vorausgesetzt, die Untersuchungen
hinsichtlich aggressiver Kleinstlebewesen, Krankheitserreger
und anderer Störfaktoren verlaufen in unserem Sinne positiv, sollte es ohne
weiteres möglich sein, sich frei auf der Planetenoberfläche zu bewegen.«
»Das hört sich doch ganz gut an, Talli ! Wie sieht es mit Lebensformen
aus ? Haben wir da schon Daten ?«
»Keine höheren Lebensformen, wie es scheint. Der überwiegende Teil des
Lebens auf diesem Planeten ist pflanzlicher Natur. Es kommen auch tierische
Lebensformen vor, hauptsächlich von kleinster bis mittlerer Größe.« Talli runzelte
ein wenig die Stirn und sprach dann weiter: »Die Scans nach Erzvorkommen,
Mineralien und hochwertigen chemischen Verbindungen sind jetzt
abgeschlossen. Hier ist die Ausbeute nicht besonders groß. Immerhin gibt es
einige Fundorte, die einen Abbau zur Aufstockung der Ressourcen der Sternenbestie
lohnen würden. Oh!« Talli zeigte sich überrascht. »Die vorläufigen Scams der Monde sind nun auch abgeschlossen. Zwei von Ihnen sind wahre Fundgruben an brauchbaren Stoffen. Sogar Nirditvorkommen sind vorhanden.“
Das war wirklich ein Glückstreffer und meine gute Laune steigerte sich
immer mehr. Nirdit war ein in der tellurischen Galaxie äußerst seltenes und
nur unter ungeheurem Energieaufwand synthetisierbares Mineral, welches
sich zur Leistungssteigerung von Raumschiffantrieben, Waffentechnologie,
Abschirmprojektoren und vielem mehr einsetzen ließ.
»Wie wollen wir weiter vorgehen, Commander?« kam jetzt die Frage von
Talli, die mich erwartungsvoll anblickte.
Nach kurzem Zögern sagte ich: »Wir machen Folgendes: Was die Bodenschätze
angeht, lassen wir den Planeten in Ruhe. Wir errichten in einer klimatisch
günstigen Zone nur einen kleinen, gut abgeschirmten Stützpunkt. Den
genauen Ort werde ich noch aussuchen. Ich erwarte dazu später Vorschläge
von dir. Auf den Monden jedoch werden wir jeweils automatisierte Abbau und
Fertigungsstationen errichten und diese mit einem Großteil unserer neu
produzierten Roboter ausstatten. Auch diesen Stationen spendieren wir das
Beste an Abschirmvorrichtungen, was das Arsenal des Schiffes hergibt. Ich
möchte nicht, dass unsere Anwesenheit hier vorzeitig entdeckt wird. Möglicherweise
tauchen hier doch einmal unangenehme Zeitgenossen auf, mit
denen wir uns dann auseinandersetzen müssten! Die Stationen auf den Monden
sollten uns innerhalb kürzester Zeit in die Lage versetzen, die Vorräte
der Sternenbestie zu ergänzen und aufzufüllen. Danach können die Stationen
damit beginnen, die Monde zu richtigen Stützpunkten und Fertigungszentren
auszubauen sowie weiter auf Vorrat zu produzieren. Wenn wir eines Tages wieder
hierher zurückkehren, möchte ich mich darauf verlassen können, dass die
Sternenbestie hier nicht nur ihre Vorräte ergänzen kann, sondern außerdem
gewartet und überholt werden kann. Das bedeutet nicht weniger, als das auf
zumindest einem der Monde eine komplette Raumwerft entstehen muss, die
auf die Größe der Sternenbestie zugeschnitten ist !«
»Das ist eine gewaltige Aufgabe!«, gab Talli von sich. »Aber es ist machbar,
auch wenn es einige Zeit dauern wird bis alle diese Ziele erreicht sind.«
»Genau! Aber Zeit ist etwas, was wir nach augenblicklichem Stand der
Dinge in reichem Maße zur Verfügung haben.« Ich grübelte eine Weile vor
mich hin und wälzte eine Idee, die mir gerade gekommen war. »Eines noch
Talli! Wenn die Produktionskapazitäten auf den beiden Monden einen ausreichenden Level erreicht haben, sollen hier überlichtschnelle Sonden gefertigt werden. Diese Sonden sollen dann die Aufgabe übernehmen, diesen Raumsektor zu erforschen und zu kartographieren. Ich möchte, wenn wir hier abfliegen, einen größeren Sprung machen – vielleicht in den nächsten Arm dieser Spiralgalaxie. Auf diese Weise können wir unser Suche auf zwei Raumsektoren ausdehnen und erhöhen unser Erfolgschancen.“
»Eine gute Idee, Commander. Um die Suche in diesem Raumsektor schneller
wieder aufnehmen zu können, schlage ich vor, einige entsprechende Sonden
aus dem Bestand der Sternenbestie schon jetzt zu starten. Damit wird die
Zeit überbrückt bis erste vor Ort gefertigte Sonden ihre Arbeit aufnehmen
können.«
»Ebenfalls eine gute Idee, Talli !« Ich blinzelte der Projektion zu. »Wir
werden wohl noch ein gutes Team, wie ?« Ohne eine Antwort abzuwarten
stand ich auf und machte mich grinsend auf den Weg zum zentralen Turbolift.
»Meine nächsten Lektionen unter den Hypnoprojektoren erwarten mich.
Wir sehen uns spätestens morgen wieder, um eventuell weitere Einzelheiten
zu klären.« Mit diesen Worten entschwand ich in den Lift und ließ mich in
Richtung Schulungszentrum des Schiffes befördern.
Etliche Bordtage später war die Sternenbestie bereit zum Abflug aus dem System
der freundlichen Sonne, die ich »Hoffnung Tellur« und deren zweiten
Planeten ich »Basis1« getauft hatte. Viel war inzwischen geschehen! Während
ich die Startvorbereitungen in der Kommandozentrale verfolgte, ließ ich die
Dinge noch einmal an meinem geistigen Auge vorbeiziehen.
Am Tag nach dem Eintreffen der Sternenbestie in diesem Sonnensystem
legte Talli mir eine Liste mit fünf potentiellen Standorten für unseren Stützpunkt
auf Basis1 vor. Darunter waren gestochen scharfe Aufnahmen der Örtlichkeiten,
sowie eine detaillierte Aufstellung regionaler Besonderheiten. Alle
fünf Orte kamen in Frage. Um eine Entscheidung zu treffen, wollte ich mir
diese persönlich ansehen. Als Transportmittel wählte ich die modifizierte
Tsumitar aus. So konnte ich die »Besichtigungstour« gleich mit einem ersten
ausgiebigen Testflug verbinden. Um es vorwegzunehmen, es war ein herrliches
Gefühl, wieder auf dem Pilotensitz eines Raumjägers zu sitzen und mit einer
starken und schnellen Maschine durch das All zu fegen! Eine der Modifikationen,
die ich für den Umbau der Tsumitar in Auftrag gegeben hatte, war der
Einbau einer wesentlich leistungsstärkeren bordeigenen KI in Verbindung mit einem „Nerchier-System“.
Dieses nach seinem Entwickler benannte System war eine revolutionäre Neuerung im Bereich der Schiffssteuerung und -kontrolle. Der Pilot eines mit dem Nerchier-System ausgestatteten Schiffes trägt einen speziellen Sensorhelm, welcher mit dem eigentlichen System und der KI verbunden ist. Diese Kombination ermöglicht es dem Piloten, ein Raumschiff allein Kraft seiner Gedanken zu steuern. Dies führt zu einer extrem verbesserten Reaktionszeit, verleiht der Arbeit des Piloten höhere Effektivität und
kann lebensrettend sein. Der taktische Vorteil ist erheblich. Ein Nebeneffekt
ist ein völlig neues, fantastisches Fluggefühl. Auf das zum Bildschirm umgewandelte
Helmvisier wird ein naturgetreues Abbild der Umgebung projiziert,
wobei ein einziger Gedanke das Cockpit und die Instrumente ausblenden oder
auch wieder sichtbar machen kann. Beim Flug mit dem ausgeblendeten Instrumentarium
hat der Pilot die Illusion, er fliege völlig frei durch den Raum, und nimmt den Ballast der immensen Technik, die diese Art des Fliegens erst ermöglicht, kaum noch wahr.
Es war unglaublich! Auf Tellur hatte ich vor unserem Abflug für kurze Zeit
an einem Test- und Simulationsprogramm für dieses neue Steuerungssystem
teilgenommen und kannte deshalb diese neue Technologie. Als ich die Konstruktionsdaten
dieses Systems in den Datenbanken der Sternenbestie fand, war
es für mich klar, meinen persönlichen Raumjäger damit auszustatten. Denn
obwohl es sich damals nur um ein Simulationsprogramm handelte, war ich
auf der Stelle süchtig nach dieser Art des Fliegens geworden. Allerdings gab es
einen kleinen Schönheitsfehler. Der Pilot eines mit diesem System ausgestatteten
Schiffes musste seine Gedanken gut unter Kontrolle halten. Sonst konnte es,
trotz aller integrierten Schutzmechanismen und der Überwachung der gedachten
Kommandos durch die KI, zu unschönen Pannen kommen. Ungewollt abgefeuerte
Waffen oder Flugmanöver, die zum Zusammenstoß mit einem anderen
Schiff oder einem Himmelskörper führten waren nicht eben wünschenswert.
Dieses Problem erschien mir jedoch lösbar. Die erforderliche Selbstdisziplin
hatte ich spätestens seit den Simulationen auf Tellur erworben. Außerdem würde
ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit trainieren, um so die notwendige Praxis
für den Umgang mit dem System zu erhalten. Die Erkundung der potentiellen
Stützpunktstandorte war die erste Gelegenheit und ich nutzte sie sofort.
So startete ich mit der modifizierten Tsumitar Richtung Basis1 und tauchte
in die Atmosphäre des Planeten ein. Bei geeigneter Luftdichte schaltete die
Tsumitar automatisch auf Atmosphärenantrieb um und die Stellung der kurzen Stummelflügel passte sich sogleich dem Medium an, durch welches sich der Jäger bewegte. Die Landschaft des Planeten schoss unter mir vorbei!
Nach ein paar gewagten Flugmanövern reduzierte ich schließlich die Geschwindigkeit
und sah mich gründlich um. Die inzwischen abgeschlossenen Untersuchungen
des Planeten hatten ergeben, dass sich Angehörige meiner Art,
unter dem vorsorglichen Schutz eines Breitbandantibiotikums sowie einer
zusätzlichen Impfung gegen einen ziemlich aggressiven bakteriellen Krankheitserreger,
frei und ohne Atemschutz auf der Planetenoberfläche bewegen
konnten. Dies nutzte ich reichlich aus und erkundete die Umgebung aller fünf
ausgewählten Orte zu Fuß.
Schließlich entschied ich mich für einen kleinen Talkessel im Inland eines
der zehn Kontinente des Planeten. Der Ort war weit entfernt von den tektonischen
Aktivitäten der Planetenoberfläche, lag hoch über dem Meeresspiegel
und war vor allem auch strategisch günstig gewählt. Selbst ohne großen
Technikeinsatz ließ sich ein hier zu errichtender Stützpunkt hervorragend
tarnen. Somit war er vor den Nachforschungen ungebetener Besucher gut
verborgen, es sei denn, diese setzten ihrerseits massiv technische Hilfsmittel
ein und führten einen intensiven Scan genau dieses Gebietes durch. Den Erfolg
von so gearteten Maßnahmen würden jedoch die von der Sternenbestie
gelieferten Tarneinrichtungen und Schirmprojektoren wirksam zu verhindern
wissen. Der Ort war einfach ideal. Das Klima war äußerst angenehm. Es gab
genug Wasser und Flora und Fauna waren nur mäßig aggressiv, ein ebenfalls
nicht unerheblicher Faktor.
Als ich von meinem Ausflug auf die Planetenoberfläche und einem schnellen
Abstecher zu den anderen Planeten des Systems wieder zurück an Bord
der Sternenbestie kam, wurde ich sogleich von Talli empfangen. Die KI des
Schiffes teilte mir mit, dass die ersten Schritte zum Ausbau der zwei ausgewählten
Monde des Planeten zu Produktionsstätten und Nachschublagern
bereits abgeschlossen waren. Talli beschrieb mir die Vorgänge und ich gewann
den Eindruck, die Sternenbestie habe den beiden Himmelskörpern ein Virus
injiziert. Dieses begann nun vom Inneren her zu wirken und die Monde zu
verwandeln.
Mit Hilfe eines Desintegratorstrahls war an jeweils einer Stelle auf den beiden
Monden ein tiefer Schacht geschaffen worden. Durch das vergaste Gestein
wurden die ersten Bergbauroboter hinabgelassen, die am Ende des Schachtes
einen genügend großen Hohlraum schufen, um die folgenden automatisierten Verarbeitungs- und Fabrikationsmodule und andere notwendige Einrichtungen aufnehmen zu können. Zum Schluß bekamen beide Stützpunkte noch ihr jeweiliges Kontingent an zusätzlichen Robotern zugeteilt. Dann wurden die in die Tiefe der Monde führenden Schächte verschlossen, indem die zuvor vergaste Materie mittels eines speziellen Energiefeldes wieder rekonfiguriert wurde. Nach dieser Operation sahen die Monde äußerlich unverändert aus. Aber in ihrem Inneren arbeitete es! Bald würden die Roboter und die KI der Stützpunkte beginnen, die Hohlräume zu vergrößern und die beiden Himmelskörper ihrer Bestimmung als Werft, Basis und Nachschublager für die Sternenbestie zuzuführen.
Bei den abgesetzten Robotern handelte es sich zum größten Teil um einen
multifunktionalen Typ, der in der Lage war, sich selbst aus an seinem Einsatzort
vorgefundenen Materialien zu reproduzieren. Theoretisch konnte man
einen einzelnen dieser Roboter irgendwo absetzen und sich selbst überlassen.
Käme man dann nach einiger Zeit wieder zurück, so würde man abhängig
von den Umgebungsvariablen unter Umständen eine ganze Armee dieser und
anderer Robotertypen vorfinden, die emsig ihren von der Ursprungsmaschine
übernommenen Programmen folgten und genau das erschufen, was dem ersten
abgesetzten Roboter einprogrammiert worden war.
In den folgenden Tagen vernachlässigte ich mein Ausbildungsprogramm
ein wenig und verbrachte viel Zeit damit, Ausflüge mit der Tsumitar zu machen,
um die Oberfläche von Basis1 zu erkunden. Es war Freizeit, die ich ohne
Reue genoss. Ich konnte schließlich nicht wissen, wann ich wieder Gelegenheit
dazu bekommen würde, mich in einer so angenehmen Umgebung zu bewegen
und auszuspannen. Obwohl die Sternenbestie ihren Flug viel früher hätte
fortsetzen können, nahm ich mir die Zeit. Denn Zeit erschien mir mehr und
mehr als etwas Irreales. Etwas, von dem ich persönlich mehr als genug zu
besitzen schien!
Jetzt, kurz vor Aufbruch aus dem System »Hoffnung Tellur« war ich so
entspannt wie ich es seit der Katastrophe nicht mehr gewesen war. Ich hatte
meine Lage endlich vollständig akzeptiert. Wenn ich auch in der vergangenen
Zeit so manches Mal mit meinem Schicksal gehadert hatte, so war ich jetzt
voller Hoffnung und Zuversicht. Was mir die Zukunft auch bereithielt – ich
würde es angehen und das Beste daraus machen!
Soweit, so gut! Ich bemerkte, dass Talli an mich herantrat, sich aber abwartend
verhielt. Sie hatte wohl meinen abwesenden Zustand bemerkt und wollte mich nicht stören. Überhaupt gelang es der Projektion, beziehugsweise der zentralen KI des Schiffes immer besser, sich auf mich einzustellen und meine momentane Verfassung richtig zu interpretieren. Ein Umstand, der mich für unsere weitere Zusammenarbeit das Beste hoffen ließ. Mein erstes Misstrauen gegen diese Neuentwicklung von KI war in letzter Zeit mehr und mehr geschwunden. Ich begann allmählich der Maschine zu vertrauen und mich auf sie zu verlassen. Zwar glomm in meinem Unterbewusstsein noch ein Rest von Zweifel, aber damit konnte ich umgehen. Außerdem, was blieb mir realistisch betrachtet auch anderes übrig? Ohne die zentrale KI war ich ziemlich hilflos und Talli war eine große Hilfe gegen die Einsamkeit.
»Die Sternenbestie ist aufbruchbereit, Commander ! Es fehlt nur noch die
Angabe eines Flugzieles oder Kurses.«
»Schön!« Ich drehte mich in Richtung des großen Navigations-Hologramms
und betrachtete das Abbild der Spiralgalaxie, in der wir uns befanden.
Das Hologramm war so geschaltet, dass ich von oben in die Darstellung
der Galaxie hineinblicken konnte. Die Abbildung war so präzise wie es sich
aufgrund der von den Fernabtastern gesammelten Daten machen ließ und
schon recht detailreich. Der derzeitige Standort der Sternenbestie im System
der Sonne Hoffnung Tellur war mit einem grünen Punkt markiert. Wir befanden
uns ziemlich am Ende eines Spiralarmes jener für uns unbekannten
Galaxie in einem Gebiet mit geringer Sternendichte.
Ich machte ein paar Eingaben an einem der Sensorschaltpulte und es erschien
ein rotes Kreuz in der Darstellung. Dieses ließ ich zum nächsten Spiralarm
der Galaxie wandern und markierte einen Ort ziemlich in der Mitte
zwischen dem Zentralkern und dem zerfaserten Ende des Spiralarms. Zu
Talli gewandt sagte ich ironisch: »Meinem neu erworbenen Wissen nach ist
die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von intelligentem Leben nahe
dem turbulenten Zentrum einer Galaxie eher nicht so wahrscheinlich. Und
nach den Erfahrungen des Erkundungscorps der imperialen Raummarine,
beziehungsweise deren Kontaktergruppen, neigen Zivilisationen, die sich
auf Welten in den Randzonen von Galaxien entwickeln nur selten dazu, sich
für ihre Umgebung im All zu interessieren. Dies führt bei solchen Spezies
zu einer mehr nach innen gerichteten Entwicklung. Äußeren Einflüssen stehen
sie meist ablehnend gegenüber. Das ist nicht das, wonach wir suchen.
Wir suchen ein Volk, das Interesse an seinem kosmischen Umfeld zeigt und dementsprechend einen gesunden Forschungsdrang in diese Richtung entwickelt hat. Der günstigste Fall wäre eine Spezies, die gerade damit begonnen hat, erste Schritte in ihrer stellaren Umgebung zu machen.“ Ich wandte mich wieder der Abbildung der Galaxie zu. „Ich glaube, in solch einer Sternenregion werden wir am ehesten fündig!“
Kaum hatte ich geendet, und noch während Talli meine Anweisungen
bestätigte, erwachten die mächtigen Antriebsmaschinen der Sternenbestie zum
Leben. Zum ersten Mal verfolgte ich den Start eines solch riesigen Schiffes in
der Kommandozentrale. Der große Panoramabildschirm gab die Voraussicht
wieder. Ausschnittvergrößerungen zeigten die Abbildungen der Sonne und
der Planeten des hiesigen Sonnensystems. Im Mittelpunkt der Zentrale baute
sich eben ein Hologramm mit dem Raumgebiet auf, in dem wir uns zurzeit
befanden. In der Mitte des Hologramms wiederum befand sich eine in grünem
Farbton gehaltene, extrem verkleinerte Abbildung des Schiffes. Diese löste sich
soeben aus dem Orbit um Basis1 und zog eine feine, grüne Spur hinter sich
her, die die bereits zurückgelegte Flugstrecke symbolisierte. Eine etwas kräftigere
rote Linie ging dem Schiff voraus und führte in leicht geschwungenen
Bögen aus dem Sonnensystem heraus. Das war der Kurs, den die Sternenbestie
eingeschlagen hatte. Das Zentralgestirn dieses Sonnensystems wurde mit den
umkreisenden Planeten und deren Monden in verschiedenen Farben dargestellt.
Die Umlaufbahnen waren in Form feiner Linien ebenfalls zu erkennen.
Selbst größere Asteroiden und Kometen, die sich in diesem System befanden,
fehlten in dem Hologramm nicht.
Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder dem großen Vorausbildschirm
zu und sah gerade noch wie sich die Lichtpunkte der Sterne zu Leuchtspuren
verwandelten, die zunehmend schneller am Schiff vorbeizugleiten schienen.
Die Sternenbestie war auf Überlichtgeschwindigkeit gegangen und hierzu in
den Hyperraum eingetreten. Jenes Medium, welches es raumfahrenden Wesen
überhaupt erst ermöglichte in kurzer Zeit Entfernungen zurückzulegen,
für die man bei einer Reise durch den Normalraum viele Zeitalter benötigt
hätte. Die Abbildung der vorbeiziehenden Sterne auf dem Hauptbildschirm
wurde in Echtzeit aus den Daten zusammengestellt, die die für diese Zwecke
zuständigen Sensoren und Abtaster lieferten. Diese tasteten während des Fluges
durch den Hyperraum den Normalraum ab, um eine visuelle Orientierung zu
ermöglichen. Eine Abbildung des Hyperraumes selbst war zwar auch möglich, aber nicht besonders sinnvoll. Ich ließ meinen Blick wieder zurück zum Navigationshologramm wandern und sah, dass dieses den Maßstab gewechselt hatte. Das eben noch detailreich dargestellte Sonnensystem war zu einem kleinen Punkt geschrumpft. Jetzt konnte ich sehen, wie der gekennzeichnete Kurs des Schiffes an Hunderten von anderen Sonnen und Sonnensystemen vorbei in den sternenarmen bis sternenlosen Raum zwische den zwei Spiralarmen der Galaxie führte. Die Sternenbestie war auf ihre normale Reisegeschwindigkeit gegangen, was bedeutete, dass wir in der Zeit, die ich brauchte um einmal Luft zu holen, eine Entfernung von etwa einem tellurischen Lichtjahr überwanden.
Das Schiff konnte zwar wesentlich schneller fliegen, aber bei dieser Geschwindigkeit
wurde der Hyperraumantrieb am wenigsten beansprucht und die Ressourcen
wurden so sparsam wie möglich eingesetzt. Da nicht absehbar war, wann das
Schiff tatsächlich überholt werden konnte, wollte ich keine Möglichkeit ungenutzt
lassen, so schonend wie möglich mit dem Material umzugehen. Während
die Zeit verging trainierte ich den Umgang mit den Möglichkeiten und dem
Instrumentarium der Kommandozentrale, unterhielt mich mit Talli und spielte
verschiedene Navigations- und Kampfsimulationen durch. Schließlich aß ich
eine Kleinigkeit und nickte dann ein.

Mehr schon bald!
Der Autor bedankt sich bei seinen Lesern und bittet alle, denen es möglich
ist und denen das Buch gefällt, bei ihren jeweiligen Verkaufsportalen oder an
jedem anderen passenden Ort eine Rezension über das Buch zu verfassen. Für
selbstständige Autoren sind aussagekräftige Rezensionen ihrer Leser das beste
Mittel, bekannt zu werden und ihre Werke zu vermarkten.
Aber auch diejenigen, die Kritik anzubringen haben, sind willkommen.
Schreibt gern eure Kommentare auf der Homepage oder im Blog.
„Die Sterne mit euch!“
