Persönliche Aufzeichnungen von Jack Robinson – Erster des Rats der Zehn der Ritter der Erde – zur Sondersitzung auf New Eden u. a. mit dem Thema „Multiversum“:
Tommy zog eine ganz schöne Show ab, dachte ich bei mir. Was er und der Avatar uns in der Folge aber boten, machte uns alle sprachlos – nicht nur mich! Wie die anderen auch hörte ich ihm gebannt zu. Er fuhr fort: „Wie muss man sich das Universum vorstellen? Wie muss man sich irgendein Universum vorstellen? Und was ist das Multiversum? Talli, fahr jetzt bitte begleitend unsere Holoanimation ab.“
Der Avatar nickte kurz und schon erschien zwischen ihm und Tommy wieder das Hologramm, in welchem zunächst einmal eine große, durchsichtige Kugel mit den stilisierten Abbildern von Galaxien auf der Innenfläche dreidimensional dargestellt wurde. Tommy wies darauf und sagte: „Um die ganze Sache so einfach und verständlich wie möglich zu machen, stellen wir uns unser Universum einfach als gigantische Kugel vor, die es tatsächlich natürlich nicht ist. Das Universum, die verschiedenen Universen haben die unterschiedlichsten Formen mit Ein- und Ausbuchtungen, Einschlüssen, Ecken und Kanten und was der Dinge mehr sind. Aber egal! Wir sehen hier unser Universum als Kugel dargestellt. Was wir davon wahrnehmen können ist praktisch nur das Innere der Hülle, die sich ausdehnt. Auf der Innenseite dieser Hülle liegen die Galaxien. Dies übrigens im Unterschied zu der bis vor kurzem noch gängigen, auf der Erde bestehenden Theorie, nach der die Galaxien auf der Außenseite dieser Hülle lägen! Galaxien, wie auch unsere Milchstraße. Warum nun dehnt sich das Universum aus? Nun, es gab den Urknall. Schon vor längerer Zeit haben menschliche Wissenschaftler diese Theorie entwickelt. Und, oh Wunder. Sie lagen damit gar nicht so weit daneben. Masse, Materie, Gravitation, Strahlung, ja sogar Zeit und Raum! Alles konzentriert auf einen winzigen Punkt explodiert praktisch hinaus in das Nichts und bildet ein Universum. Vom Explosionsdruck und Gravitationswellen getrieben dehnt es sich aus und verändert sich dabei. Doch woher kam all die auf einen Punkt konzentrierte Materie? Die Strahlung und all das andere? Die Forschungen der Hchat Darsun haben es ergeben! All dies kam aus dem Multiversum!“
Tommy wies wieder auf das Hologramm, wo die unser Universum darstellende Kugel auf einen winzigen Punkt innerhalb einer größeren Kugel schrumpfte. Und schon ging es weiter: „Das Multiversum! Auch dieses stellen wir uns als Kugel vor. Als gigantische, unvorstellbar große Kugel, die gefüllt ist mit so etwas wie einer Mischung von Raum, Materie, Zeit, Energie, Gravitation, Strahlung und verschiedenen anderen Zutaten. Es ist so etwas wie eine kosmische Ursuppe. Oder noch besser: Ein kosmisches Superplasma! Im Innern des Multiversums, eingetaucht in diesem Superplasma schwimmen die unzähligen Universen.“
Tommy verzog nun sein Gesicht gekonnt zu einer gequält wirkenden Grimmasse und sagte: „Fragt mich jetzt bloß nicht, was denn wohl außerhalb des Multiversums ist. Ob auch dieses in einem noch gewaltigeren, noch größeren Etwas existiert. Das…, haben auch die Hchat Darsun scheinbar nicht herausgefunden! Doch nun wollen wir Euch einmal in einer Art Superzeitraffer vorführen, wie nach den Erkenntnissen der Hchat Darsun ein Universum entsteht und wieder vergeht. Talli! Du hast als Entdeckerin dieser Daten die Ehre!“
Hier trat nun Tommy einen Schritt zurück und überließ dem Avatar das Feld. Talli ließ ein dünnes Lächeln in Ihren blassgrünen Zügen entstehen und stellte sich neben dem Hologramm in Positur. Gleich unserem Freund, dem Tellurier immer noch eine exotische Erscheinung für uns, stand sie dort mit Ihrer heute einmal schulterlangen, strohblonden, fast gelben Haarmähne in angespannter Haltung vor uns und begann wie vor einer Gruppe von Studenten zu dozieren: „Wie Tommy schon sagte, verwenden wir aus Vereinfachungsgründen für die Gestalt des Multiversums und auch des Universums die Form einer Kugel. Auch die tatsächliche Form des Multiversums ist vermutlich wesentlich komplizierter. Doch das soll uns jetzt nur am Rande interessieren.“
Talli trat noch einen Schritt zur Seite und zeigte dann mit einer Art Laserpointer auf die im Hologramm durchsichtig dargestellte Kugel in welcher eine hellgraue, auch leicht durchsichtige Masse langsam vor sich hin waberte. Wie ich bei genauerem Hinsehen erkannte, gab es aber auch Strömungen und Wirbel in dem Grau. Doch schon fuhr Talli fort: „Das Multiversum! Gefüllt von diesem von Tommy zuvor beschriebenen Superplasma. Sehen wir uns einmal an, was es hier sonst noch zu entdecken gibt!“
Das Hologramm veränderte sich dergestalt, dass wir den Eindruck bekamen, es würde in die Kugel hineingezoomt. Der Rand der Kugel verschwand nach außen gleitend und es gab nur noch das Wabern des durchscheinenden Superplasmas. Immer weiter und tiefer hinein schien der Zoom zu gehen. Schließlich tauchte ein winziger Punkt auf. Der Punkt wurde langsam größer und schließlich zu einer Kugel, die das große Hologramm zu einem Viertel ausfüllte. An der Innenseite auch dieser durchscheinend dargestellten Kugel sah man winzige Strukturen, gleich stilisierten Galaxien. Hier setzte Talli wieder ein: „Ein Universum! Gleich unzähliger anderer schwimmt es hier nach außen hin abgekapselt im Superplasma. Es könnte das Universum sein, in welchem wir existieren.“
Der Zoom auf diese Kugel ging wieder zurück. Das eben betrachtete Universum wurde wieder zu einem winzigen Punkt und verschwand schließlich im einheitlichen Grau des Superplasmas. Talli fuhr fort: „Wir jedoch wollen uns nun anschauen, wie so ein Universum entsteht. Dazu müssen wir uns zunächst etwas betrachten, was wir als Ausströmpunkte bezeichnen können.“
Im Hologramm tauchte wiederum ein winziger Punkt auf, der eigentlich unsichtbar war. Man konnte aber gut auf seine Position schließen, da von ihm aus in alle Richtungen eine Strömung von Superplasma ausging. Dieses schien hier ohne Unterlass in das Multiversum einzuströmen und verband sich mit dem bereits vorhandenen Superplasma. Talli umkreiste mit dem roten Punkt ihres Zeigegeräts die Stelle und sagte: „Dies ist der Anfang, oder auch das Ende. Je nachdem, von welcher Seite aus man es betrachten möchte. Woher das an diesen Punkten einströmende Superplasma kommt will ich noch einen Augenblick im Dunkeln lassen. Wichtig ist: Es gibt unzählige von diesen Ausströmpunkten. Ein Vielfaches mehr noch als die schon nicht vorstellbare Zahl an Universen im Multiversum. Von diesen Punkten aus wird das Multiversum mit Superplasma versorgt.“
Talli sah vom Hologramm weg und warf einen Blick in die Runde, bevor sie fortfuhr: „Es strömt also ständig neues Superplasma in das Multiversum! Dies könnte natürlich dazu führen, dass das Multiversum sich ausdehnt und vielleicht irgendwann sogar platzt. Wie ein zu praller Luftballon! Doch nichts dergleichen passiert. Zwar scheint sich das Multiversum tatsächlich zeitweise auszudehnen. Aber es gibt dann auch wieder Zeiten, in welchen es leicht zusammenschrumpft. Es ist wie eine unendlich langsame Kontraktion. Jetzt wollen wir uns eine andere Art von Objekten im Multiversum anschauen. Die so genannten Kulminationspunkte!“
Die imaginäre Kamera im Hologramm schwenkte von dem immer noch sichtbaren Ausströmpunkt weg, schien noch tiefer in das Multiversum vorzustoßen und näherte sich dann einem Etwas, das wie eine undurchsichtige Verdickung im Superplasma aussah. An dieser Stelle angelangt setzte Talli wieder ein: „Was wir hier sehen ist die Vorstufe zu einem neuen Universum. Aus Gründen, die auch den Hchat Darsun noch nicht klar waren, ballt sich das Superplasma des Multiversums an einigen Stellen zusammen und verdichtet sich. Bei einem bestimmten Grad der Verdichtung angekommen passiert Folgendes!“
Voller Spannung verfolgten wir, was als nächstes im Hologramm zu sehen war. Niemand, der den Blick abgewendet hätte!
Die Verklumpung im Superplasma kontraktierte einmal kurz und schien dann nach innen zu implodieren. Doch als nächstes sah man einen zunächst winzigen, sich zuerst langsam, dann immer schneller ausdehnenden Punkt. Eine neue Universumskugel im darum herum wabernden Superplasma! Die Ausdehnung dieses neuen Universums ging immer schneller vonstatten. Talli rief mit erhobener Stimme: „Der Urknall! Ein neues Universum ist entstanden, dehnt sich vom Explosionsdruck und Gravitationskräften getrieben aus. Die Ausdehnungsgeschwindigkeit nimmt immer mehr zu. Und dann…, irgendwann ist der Punkt der größtmöglichen Ausdehnung erreicht. Jene Membran, die das Universum vom Multiversum abgrenzt ist zu dünn geworden. So dünn, dass sie sich schließlich auflöst. Das Superplasma des Multiversums flutet herein und absorbiert alles, was von dem Universum noch übrig geblieben ist. Wandelt alles um in sich selbst. Alles wird wieder zu jener Substanz, aus der das Universum einst entstanden ist. Superplasma! Und damit ist jenes Universum wieder aus dem Multiversum verschwunden.“
Während Talli dies von sich gab, spielte sich im Hologramm die Entsprechung zu ihren Worten ab. Das zu immer größerer Ausdehnung gelangte Universum wies auf einmal einen Riss in seiner Hülle auf – dann verschwand diese Abgrenzung zum Multiversum völlig. Sie löste sich einfach auf. Das umgebende Superplasma drang nach innen vor, verschlang alles! Schließlich war an dieser Stelle nichts mehr von jenem Universum auszumachen. Wallendes Superplasma war alles, was noch zu sehen war.
Ich pustete die angehaltene Luft hinaus und atmete tief durch. Die Animation war einfach sensationell. Doch schon ging es weiter. Talli ließ das Hologramm quasi gleich einem Film zurücklaufen. Das eben verschlungene Universum kam wieder zum Vorschein. Die Ausdehnung nahm wieder ab, ging auf einen mittleren Wert zwischen Entstehung und Verlöschen zurück, und verblieb dann zunächst auf diesem Niveau. Deutlich waren die vielen, aus dieser Perspektive winzig erscheinenden Galaxien an der Innenseite der Universumskugel zu erkennen. Und Talli machte weiter: „Das war natürlich ein Superzeitraffer! Von der Geburt eines Universums bis zu seinem Untergang vergehen im Schnitt viele hundert Milliarden Jahre. Warum kommt es also zum Untergang eines Universums? Die Membran die das Universum gegen das Multiversum abgrenzt reißt. Sie wächst nicht einfach mit, sondern dehnt sich nur ins scheinbar Unendliche aus bist dann doch ein Punkt erreicht wird, an welchem die Spannung zu groß wird. Die Hchat Darsun haben weiter herausgefunden, dass dieser Zeitpunkt von Universum zu Universum völlig verschieden ist. Manche Universen gelangen gar nicht erst zu großer Ausdehnung, bevor jene Membran zusammenbricht. Andere wieder dehnen sich auf unvorstellbare Größe aus bis es zum Kollaps kommt. Warum gibt es diese Unterschiede? Nun! Neben der variablen Qualität dieser Membran spielt auch der strukturelle Aufbau eines Universums eine entscheidende Rolle. Wie viel Substanz ist vorhanden im Verhältnis zur Größe. Mit der zunehmenden Ausdehnung nimmt diese Substanz im Verhältnis immer mehr ab. Und damit nimmt auch die strukturelle Integrität eines Universums ab. Und! Ein Universum verliert auch noch auf andere Art und Weise Substanz. Es verliert schon von einem Punkt kurz nach seiner Entstehung beginnend an Masse und Energie. Ja sogar Zeit, Gravitation und Raum! Eben alles aus dem ein Universum besteht wird weniger. Würde nicht bereits vorher die abschirmende Membran reißen und das Universum vom Superplasma des Multiversum absorbiert werden, würde ein Universum mehr und mehr an Substanz verlieren, bis nichts mehr übrig wäre, als Kälte und Leere.“
Hier machte Talli eine Pause und sah jedem der Anwesenden beinahe heiter lächelnd ins Gesicht. Dann drehte der Avatar sich mit ausgestrecktem, auf uns weisendem Arm einmal um sich selbst und sagte: „Ich lese aus jedem Gesicht dieselbe Frage! Wohin verschwindet denn die Substanz eines Universums? Seine Masse? Seine Energie? Seine Essenz? Was verursacht diesen Schwund, der ein Universum seines Inhalts beraubt?“
Wieder machte Talli eine Pause, die die Spannung in uns fast zum Bersten ansteigen ließ. Dann sagte sie lakonisch: „Es sind die „Black Holes“, die schwarzen Löcher!“
Und nach einer weiteren kurzen Pause, in welcher in unser Vorstellung die wildesten Theorien entstanden: „Die unzähligen schwarzen Löcher im Raum, von denen im Leben eines Universums immer mehr und mehr entstehen. Wie wir wissen, existieren in den Zentren fast aller Galaxien gigantische Schwarze Löcher. Aber auch außerhalb der Galaxienkerne entstehen sie bei der Explosion bestimmter Sterne. Es gibt sie in allen Größen. Von mikroskopisch klein bis hin zu den riesigen Monstern in den Galaxienzentren. Allen gemein ist jedoch, dass sie alles in ihrer Umgebung in sich hinein saugen. Nicht einmal das Licht kann ihnen entfliehen. Daher erscheinen sie als genau das, was der Name aussagt. Als schwarzes Loch im Raum!“
Während in mir eine bestimmte Ahnung aufstieg, wies Talli mit dem Pointer wieder in das Hologramm hinein und ließ dieses auf eine einzelne Galaxie im Innern des angezeigten Universums zustürzen. Aus der winzig kleinen, stilisierten Abbildung wurde eine große Spiralgalaxie ähnlich der Milchstraße. Doch die Reise ging weiter, auf den kugelförmigen Kern der Galaxie zu. Hinein in diesen und durch das grelle Licht zigtausender von Sternen. Und dann war es da, das schwarze Monster! Ein gigantisches schwarzes Loch im Kern der Galaxie. Um es herum ein riesiger Materie- und Energiewirbel in welchem sich ganze Sterngruppen in das schwarze Loch hinein bewegten. Manche Sonnen zerplatzten noch weit vor dem Ziel. Einige explodierten auf dem Weg. Doch spätestens am Ereignishorizont – dort, wo auch das Licht kein Entkommen mehr hatte – zerfloss alle Materie und alle Energie. Und dann war sie verschwunden!
„Was aber passiert mit all der Materie, der Energie, dem Licht – ja der Zeit und dem Raum, welche von dem schwarzen Loch verschluckt werden? Nun könnte man meinen, die schwarzen Löcher benutzen dies alles, um zu wachsen. Zudem strahlen die großen schwarzen Löcher immer wieder einen Teil von dem, was sie verschlingen als gigantische Jetstreams aus Energie und Teilchen ins All, ins Universum ab. Doch nach den Erkenntnissen der Hchat Darsun nutzen schwarze Löcher für ihr Wachstum und die Jetstreams nur einen Teil von dem, was sie verschlingen. Wo bleibt der Rest? Irdische Wissenschaftler hatten dazu bisher kaum Theorien, meistens nur Ansätze zu solchen. Doch die Hchat Darsun haben den Nachweis erbracht! Die schwarzen Löcher pressen den größten Teil von dem was sie verschlucken mit der unendlich starken Kraft ihrer Gravitationsenergie zu einem Gemisch zusammen, dass hinausströmt ins Multiversum – als das nun schon oft angesprochene Superplasma. Und so schließt sich der Kreis!“
Ich hörte von irgendwo her ein atemloses Keuchen. Doch ich wusste nicht, wer es von sich gab. Ich hatte genug mit mir selbst zu tun, das eben Gehörte zu verdauen. Allein die Talli’s Worte begleitende Animation im Hologramm war schon atemberaubend. Aber das Wissen und die Erkenntnisse der Hchat Darsun, die dahinter standen konnten einen fast um den Verstand bringen.
Nach Talli’s Worten war es sehr still im Raum. Nur das mal mehr und mal weniger schwere Atmen der Anwesenden war leise zu hören. Talli ließ unterdessen das Hologramm in sich zusammenfallen und stand ansonsten mit hinter dem Rücken verschränkten Händen und einem zufrieden wirkenden Lächeln im Gesicht ganz ruhig da. Tommy machte einen Schritt zur Mitte hin und erläuterte noch: „Was die schwarzen Löcher betrifft! Nach den Erkenntnissen der Hchat Darsun gibt es auch einige wenige quasi entarte „Black Holes“. Die Gravitationstrichter dieser schwarzen Löcher enden nicht im Multiversum, sondern verbinden sich mit den Gravitationstrichtern anderer entarteter schwarzer Löcher – bilden praktisch eine Brücke zwischen sich – eine Verbindung zwischen zwei weit voneinander entfernten Orten in einem Universum. Wenn so eine Verbindung zustande gekommen ist, kann es geschehen, dass die Gravitationsenergien beider schwarzer Löcher sich gegeneinander aufheben und ein passierbarer Durchgang entsteht. Die Hchat Darsun haben ferner entdeckt, dass einige jener entarteten Black Holes Verbindungen zu ihren Entsprechungen in anderen Universen haben. Und genau diesem Umstand haben sie – und nun auch wir – diese Erkenntnisse zu verdanken. Denn die genialen Baumeister nutzten solche Verbindungen und gelangten auf diesem Weg in andere Universen und auch wieder zurück! Das Wissen um das Multiversum ist zugegebener Maßen ein theoretisches. Extrapoliert aus den Daten, die sie in diesem, wie in anderen Universen sammelten und bestätigt durch Berechnungen in hyperdimensionaler Mathematik und Physik. Ich habe jedoch kaum Zweifel daran, dass das Bild, welches die Hchat Darsun von den Universen und dem Multiversum gezeichnet haben, richtig ist!
Unglaublich, wie so vieles, was ihr in der letzten Stunde zu hören bekommen habt, nicht wahr!“
Tommy sah sich geradezu triumphierend um, bevor er fortfuhr: „Und das ist noch längst nicht alles. Eine andere Erkenntnis der Hchat Darsun wird den Abgesandten interessieren.“
Sein Gesichtsausdruck wurde fast nachdenklich und er sah kurz zu der über uns schwebenden Energiekugel des Geistwesens hoch. Sich wieder uns zuwendend sagte er: „Es gibt demnach nicht nur entartete schwarze Löcher, sondern auch ganze Universen, die entartet sind. Bei diesen ist die normale Entwicklung eines Universums, wie Talli sie uns eben beschrieben hat, zum Stillstand gekommen. Zwar leeren auch diese sich im Lauf der Milliarden Jahre, verlieren schließlich völlig die ihnen einst innewohnende Energie und Masse. Aber sie lösen sich nicht irgendwann auf. Ihre Ausdehnung hört einfach auf und sie treiben schließlich als leere Hüllen durch das Multiversum. Schlimmer noch sind jene Universen, die sich aus unbekannten Gründen irgendwann wieder bis auf einen Bruchteil ihrer ehemaligen Größe zusammenziehen. Obwohl auch sie eigentlich ständig an Substanz verlieren müssten bleiben sie an einem Punkt ihrer Entwicklung einfach stehen und verhärten quasi. Diese entarteten Universen sind wie eine Krankheit, ein Krebsgeschwür im Multiversum. Und nach den Hchat Darsun versucht das Multiversum sich dagegen zu wehren, wie zum Beispiel auch der Körper eines Menschen sich gegen Krankheiten wehrt. Auf genau welche Art und Weise dies im Multiversum geschieht ist aber auch den Hchat Darsun verborgen geblieben. Nicht verborgen geblieben sind den Hchat Darsun dagegen einige Anomalien, die ihnen darauf hin zu deuten schienen, dass sowohl Schwarze Löcher, als auch ganze Universen künstlich manipuliert werden. Außer wenigen Hinweisen auf diesen ungeheuerlichen Umstand, haben sie hier aber keine weiteren Informationen erringen können. Auch ihre Möglichkeiten waren scheinbar irgendwann erschöpft.“
Tommy schmunzelte schon wieder als er nachsetzte: „Zumindest in diesem Universum! Und vielleicht war es auch genau das, was sie dazu veranlasste, sich auf den Weg zu machen. Sie konnten hier keine weiteren Erkenntnisse erringen und wurden doch weiter von ihrem Wissensdurst getrieben. Dass die Manipulation von Black Holes und ganzen Universen möglich sein sollte, musste sie als Baumeister und Macher unglaublich faszinieren. Es lag einfach in ihrer DNA begründet, herausfinden zu wollen, wie so etwas zu bewerkstelligen sei und warum man so etwas tun sollte! So entschlossen sie sich als ganzes Volk dazu, einen Ort aufzusuchen, von dem sie meinten, dass er ihnen all das offenbaren würde, was sie noch nicht wussten. Ahnt ihr es?“
Der junge Ritter der Erde sah uns fragend an. Schweigen! Und dann, Imana’s Stimme wie ein Flüstern: „Doch nicht ins Multiversum? Wollten sie etwa dorthin gelangen?“
Tommy war fast ein wenig perplex. Ob es daran lag, dass jemand tatsächlich auf die Idee gekommen war? Oder ob es ihn erstaunte, dass es die Jüngste in unserer Runde war, die in die richtige Richtung dachte und es auch aussprach? Ich wusste es nicht.
„Genau Imana! Eine der letzten Aufzeichnungen, die die Hchat Darsun hinterlassen haben, weist darauf hin. Sie hatten vor, eines der schwarzen Löcher zu benutzen, um ins Multiversum zu gelangen. Nur mussten sie dazu zwei Voraussetzungen erfüllen. Zum einen wollten sie ein schwarzes Loch mit von ihnen genau definierten Eigenschaften finden. Und dann mussten sie noch ein Gefährt für sich konstruieren, das ihnen den sicheren Durchgang durch den Gravitationstrichter dieses Schwarzen Loches ermöglichen würde. Hier enden jedoch die von Talli bisher zu Tage geförderten Aufzeichnungen. Vermutlich gibt es auch keine diesbezüglichen Daten jüngeren Datums mehr. Denn dann sind die Hchat Darsun wohl aufgebrochen, um sich auf ihre Suche zu machen. Auf die Suche nach einem ganz bestimmten Typ von schwarzem Loch in diesem Universum. Auf dem Weg dahin hatten sie wohl vor, dieses Transportmittel für sich zu konstruieren, welches sie ins Multiversum bringen sollte. Ob ihnen das gelungen ist? Nun! Nicht umsonst nannte man die Hchat Darsun auch „Die Konstrukteure“. Sie haben diese unglaubliche Hohlwelt hier erschaffen. Warum sollte ihnen dann nicht auch ihr größtes und waghalsigstes Vorhaben gelingen? Vor Millionen von Jahren machten sie sich auf den Weg, etwas zu wagen, was die Hchat Darsun wohl letztlich auch als den Sinn ihrer Existenz ansahen. Sie glaubten nämlich fest daran, dass der Sinn jeglichen intelligenten Lebens darin besteht, Wissen anzuhäufen um zu überleben. Nicht nur den Untergang des Heimatplaneten gilt es zu überleben. Nicht allein die eventuelle Zerstörung der eigenen Galaxie. Nein! Es gibt für jedes intelligente Leben nur einen Weg: Sich rechtzeitig so weit weiter zu entwickeln, dass man vor dem Ende des Universums, in welchem man existiert eine Möglichkeit findet, in ein anderes, jüngeres Universum auszuweichen. Als die Hchat Darsun jedoch das Multiversum entdeckten und begriffen, wie dieses und die in ihm enthaltenen Universen funktionieren, war ihr eigener Weg vorgezeichnet. Sie wollten in den Ursprung aller Universen vordringen und damit in die wahre Unendlichkeit. Zwar wussten auch sie nicht, wie alt das Multiversum ist oder wie alt es werden kann. Doch es war ihnen klar, dass das Multiversum bereits viele Tausend Zyklen von entstehenden und vergehenden Universen überdauert haben musste. Und vielleicht lagen und liegen noch hunderttausende solcher Zyklen vor ihm. Somit bemisst sich das erreichbare Alter des Multiversums nicht in Milliarden Jahren, sondern vielleicht in Trillionen oder gar Trilliarden Jahren. Vielleicht existiert es aber auch ewig! Nicht zuletzt, weil es sich durch die Unzahl der in ihm entstehenden und vergehenden Universen immer wieder erneuert. Wer weiß das schon?“
(Nach den Erkenntnissen der Hchat Darsun – der Konstrukteure. Gewonnen im Archiv auf New Eden.)
Das hier noch: 
Der „Allbrunnen“ – ein entartetes Schwarzes Loch im Reich der Abakamen. Statt Materie, Energie und vieles mehr aufzusaugen sprudeln aus diesem „Green Hole“ Dinge von fremden Orten hervor. Vielleicht sogar aus anderen Universen!

spannendes buch, macht süchtig, absolut lesenswert
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Ich bedanke mich! Band 2 „Imana – Kampf um New Eden“ soll noch in diesem Jahr erscheinen.
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Spannend erzählt und informativ, kreativ. Neue andere Fragen zur Entstehung des Weltalls. Liest sich flüssig und wird gleich von der Fantasie in Bilder gewandelt.
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Vielen Dank! Freud mich.
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